Dona Haraway und das Cyborg-Manifest

Die us-amerikanische feministische Philosophin Donna Haraway hat in den 80er Jahren des 20ten Jahrhunderts versucht mit der Metapher des Cyborg, und einer diskursiven Neubestimmung bzw.Umwidmung dieser Metapher, einen Infragestellung des humanistischen Subjekts zu betreiben. Sie ging dabei von der Erkenntnis aus, daß in den naturwissenschaftlich-technischen Erzählungen der Moderne zum ganz Teil gar keine naturwissenschaftlich-technologischen Fragen diskutiert werden, sondern grundsätzliche Fragen des menschlichen Seins und der Ethik. Donna Haraway war zumindest zum Teil klar, daß in den Erzählungen über Cyborgs keine realen technischen Optionen diskutiert wurden, sondern reine Phantasieprodukte, die aber diskursiv eine große Wirkung entfalteten. Donna Haraways Cyborg-Manifest steht damit in einer kritischen Wissenschaftspraxis, die die Naturwissenschaften auch als Religion der Moderne begreift, also als die Wahrheit produzierende diskursive Instanz. In diesem Sinn hat Donna Haraway versucht mit ihrer Umwidmung der Cyborgmetapher selbst in diesen religiösen wahrheitssetzenden Diskurs einzugreifen. Donna Harawy wollte mit ihrem Schreiben von der/dem Cyborg als feministischer Utopie dem humanistisch-patriarchalen Diskurs in den naturwissenschaftlich-technologischen Erzählungen, eine eigene Erzählung, eben von der Cyborg als Göttin, entgegen setzen.
Die Cyborg tritt an die Stelle der alten Schimären-Halbgötter, sei es die Shpinx oder der Minotaur.
Donna Haraways Cyborg-Manifest war erst einmal ein riesiger diskursiver Erfolg. Es ist Donna Haraway gelungen den Begriff des/der Cyborg real zu verschieben. Aus der Perspektive von zwanzig Jahren danach ist aber der Erfolg des Cyborg-Manifestes und von Donna Haraway sehr kritisch zu sehen. Denn die positive Fassung des/der Cyborg als revolutionäres Subjekt durch Donna Haraway hat wesentlich dazu beigetragen technophile Phantasien auch in der Linken wieder unkritisch zu verankern. Darüber hinaus wird in Serien wie 'Dark Angel' deutlich, daß die Cyborg längst selbst zum besseren humanistischen Subjekt mutiert ist, und das revolutionäre Potential nur noch ein bißchen Outfit ist. 'Dark Angel' eine Mensch-Katzen-Frau, also die geradezu klassische Schimäre/Cyborg, die Heldin der Serie, läuft in der deutschen Ausgabe vorweg mit Fönfrisur immer Reklame für Haarfestiger einer Firma, die die Serie sponsort. Jegliches subversive Potential, das Donna Harawy einmal mit der Figur des/der Cyborg verbunden hatte war also bereits Mitte der 90er Jahre, beim Start der Serie, aufgebraucht.

Die kleine satirische Randnotiz zum Staubsauger-Mann mit Ferglaskopf sollte deutlich machen, daß der von Donna Haraway sehr euphemistischer verwendete Begriff des/der Cyborg und die Ausweitung des Begriffes Cyborg auf Mensch-Technik-Zusammenhänge in seiner Unschärfe geradezu zur Instrumentalisierung dieses Begriffes für Alles und Nichts einläd. Nach Donna Haraway wäre das 'Mann-Staubsauger-Fernglas-System' als ein, das humanistische Subjekt in Frage stellendes, Mensch-Maschine-Mischwesen, eben als ein Cyborg zu begreifen. Dies entspricht aber kaum irgendeiner Realität.
Die Offenheit des Begriffs Cyborg bei Donna Haraway macht aber vermutlich auch einen Teil ihres diskursiven Erfolges aus, der sich heute in über 500.000 Links im Internet für den Namen 'Donna Haraway' verdeutlicht, und in unzählbaren Verwendungen des Cyborgbegriffes.

Dju

Diese Seite wurde ursprünglich als satirische Hinweisseite auf die Netzpräsens der Gruppe 'HalluziNoGene' konzipiert. Inzwischen dient sie als Hinweisseite auf die Netzpräsens des Arbeitskreises 'Alternative Naturwissenschaften Naturwissenschaftliche Alternativen'.

Zu diesem Thema und zu vielem mehr findet Ihr viele interessante Texte auf der Netzseite:

http://www.ak-anna.org